konsortium.Netz.kultur

konsortium.Netz.kultur ist der Zusammenschluss der österreichischen Initiativen an der Schnittstelle von Kunst, Kultur und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.

Software-Algorithmen schaffen keine Strukturstabilitäten

Netzkultur-Kritik am neuen Wiener Fördermodell
Der Wiener Kulturstadtrat Mailath-Pokorny hat vor wenigen Tagen ein neues Fördermodell für die Netzkulturszene vorgestellt. Dieses Modell sieht vor, dass Initiativen und Projekte in diesem Sektor ab 2006 auf Basis eines softwaregestützten Ranking-Systems selbst über die Finanzierung bestimmen sollen. Das
konsortium.Netz.kultur, der bundesweite Zusammenschluss von Netzkultur-Knoten, befürchtet, dass die Kulturpolitik damit aus ihrer Verantwortung für notwendige Rahmenbedingungen flüchtet. Die Verteilung von Finanzmitteln wird
lediglich auf ein zu entwickelndes automatisiertes Verfahren abgewälzt.

"Die langjährige Praxis der Netz- und Medienkultur hat gezeigt, dass gerade im Hinblick auf eine stete Weiterentwicklung das Augenmerk der
Kulturförderung in diesem Bereich auf Stabilität der Strukturen, Zuverlässigkeit und langfristige Perspektiven zu legen ist", erklärt Peter Riegersperger von der Salzburger Netzplattform subnet. "Gerade die
Teilnahme an internationalen Projekten ist unmöglich, wenn die finanziellen Grundlagen der Logik von Software-Algorithmen überlassen
werden."

Mit besonderer Skepsis betrachtet das konsortium.Netz.kultur auch die
politische Intention, durch gegenseitige Bewertung innerhalb der Szene
die Netzwerk-Aktivitäten fördern zu wollen. "Wir begrüßen die Absicht
der Kulturpolitik, künftig die Förderung von Netzwerk-Projekten zu
erleichtern und diesbezüglich auch neue Wege zu beschreiten. Das neue
Modell aber birgt die Gefahr einer Entzweiung und vermindert
solidarisches Verhalten, indem über Punktevergabe neue
Ausschließungsmechanismen geschaffen werden" zeigt sich Gabi Kepplinger
vom Linzer Netzkultur-Knoten servus.at besorgt. Völlig im Unklaren
bleiben bislang die Parameter für ein derartiges Reputationssystem. Wer
darf daran teilnehmen, wer ist davon ausgeschlossen? Wie wird
allfälligem Missbrauch vorgebeugt? Wie geht man mit technischen Fehlern
um? Was sind die Kosten für die Umsetzung? Wer übernimmt die
wissenschaftliche Begleitung?

Dazu Riegersperger: "Wir sehen derzeit keine Vorteile in diesem System,
sondern müssen befürchten, dass Wien hier mit schlechtem Beispiel voran
geht." Die Forderung des konsortium.Netz.kultur richtet sich daher
unverändert an die öffentliche Verantwortung, der Bedeutung der Neuen
Medien in der sozio-kulturellen Ausgestaltung der
Informationsgesellschaft mit einem politischen Willen zu adäquaten
Fördersystemen Rechnung zu tragen.

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