konsortium.Netz.kultur

konsortium.Netz.kultur ist der Zusammenschluss der österreichischen Initiativen an der Schnittstelle von Kunst, Kultur und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.

konsortium.Netz.kultur

Standortbestimmung einer Interessenvertretung
Peter Riegersperger
Salzburg, Graz 25.10.2001

Mit dem Antritt der Bundesregierung 2000 schienen - zumindest strukturell - die Zeichen günstig zu stehen für Medienkunst und Netzkultur. Die Agenden Medien und Kunst wurden zu einem Staatssekretariat zusammengefasst, ein Schritt, der besonders in der so ungewöhnlichen medialen Landschaft Österreichs längst überfällig war. Die Hoffnungen, die Bundesregierung hätte wenigstens in diesem Bereich die Zeichen der Zeit erkannt und würde Medien- und Kulturpolitik betreiben, wurden aber rasch enttäuscht.

Die möglichen positiven Effekte neuer Strukturen wurden durch den fehlenden Brückenschlag zu Technologie und Infrastruktur grösstenteils aufgehoben - dass die Kommunikationskommission Austria in ihrer geplanten Form scheiterte, ist zu begrüssen. Dass man an deren Stelle aber eine Gesellschaft setzte, die die alten, längst überholten Ministerialgrenzen nicht überwindet, zeugt von fehlender Weitsicht, oder besser gesagt: Vom fehlenden Willen dem europäischen Zug wenigstens ein Stück weit hinterherzulaufen.

Aber nicht nur die Strukturen sind halbherzig, auch die Politik, die von ihnen getragen wird. Franz Morak, der Staatssekretär für Medien und Kunstangelegenheiten, sieht sich selbst als eben solcher, und nicht als Staatssekretär für Medien/Kunst-Angelegenheiten. Seine Ressorts trennt er strikt voneinander ab, und tritt immer in der Rolle des einen, oder in der des anderen Staatssekretärs auf.

Dabei sind diese Auftritte ohnehin sehr rar gesäht. In seiner Rolle als Kunststaatssekretär wird er nur sehr sehr selten angetroffen, als Medienstaatssekretär nur unwesentlich häufiger. Dann aber spricht er von der Rolle, die Österreich und sein kulturelles Erbe im Europa der Zukunft spielen sollen, ohne Initiativen folgen zu lassen. Von der Gegenwart spricht der Staatssekretär lieber überhaupt nicht, ausser, wenn es um den ORF geht. Wenn es um das Internet und die Entwicklung einer Strategie für Neue Informations- und Kommunikationstechnologien geht, macht sich Franz Morak Sorgen um Jugendschutz und nationalsozialistische Propaganda. Weniger Sorgen scheinen ihm die Befindlichkeiten der österreichischen Netzkultur-Community zu machen. Im Bereich der Netzkultur - oder auch viel allgemeiner der Medienkunst - schweigt er.

In dieser Situation muss eine österreichweit aktive Organisation zur Interessenvertretung der Netzkultur bei der Bewusstseinsbildung anfangen. Es muss klargemacht werden, dass besonders das Internet dem Primat der Gesellschaft zu unterliegen hat. Es muss klar gemacht werden, dass es sich dabei um ein Medium handelt, das Gesellschaft, Politik und Kultur vor gänzlich neue Herausforderungen stellt, denen man sich stellen muss, anstatt das Feld den dumpfen Kapitalverwertungsinteressen der Konzerne zu überlassen.

Diese Überlegungen scheinen selbstverständlich, sind es jedoch offensichtlich nicht. Wie sonst könnte man das völlige Fehlen von Konzepten im Bereich der Netzkultur (nicht erst seit dieser Bundesregierung) deuten? Wie viel von solchen Konzepten letzten Endes übrigbleiben kann ist noch gar nicht einmal so wichtig. Ihre völlige Absenz bereitet Grund zur Sorge.

Die Netzkultur in das Bewusstsein der Politik zu rufen - das scheint wie ein Neubeginn, und noch dazu ein schwieriger. Bisherige Versuche waren zumeist fragmentiert, getragen von einzelnen Protagonisten. Die Community zeichnet sich vor allem durch ihre Heterogenität aus, ein Resultat des jungen und lebendigen Diskurses, der sich um das Netz entwickelt hat. Rezepte gibt es keine, Visionen viele. Diese Vielschichtigkeit könnte eines der Probleme sein, warum es so grosser Mühen bedarf, das eigene Thema in den Köpfen zu verankern. Es gibt eben nicht die Antwort auf die Fragen, die das Netz aufwirft. Wer das behauptet, täuscht sich selbst. Will man eine Interessenvertretung für die Netzkultur sein, ist es zuallerst notwendig, diese Vielschichtigkeit und Heterogenität zu reflektieren und zu betonen. Dabei kann man bereits einiges vorweisen, und auf einiges zurückgreifen: Die Idee der gemeinsamen Sache ist nicht erst letztes Jahr entstanden, sondern das Ergebnis eines langen Meinungsbildungsprozesses innerhalb der Community. Das konsortium.Netz.kultur stellt dabei weder einen Anfangs-, noch einen Endpunkt dar, sondern eine Zwischenstation.

Zahlreiche Grundsatzerklärungen und Forderungen wurden im Laufe dieser Zeit entwickelt, die nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben. Sie müssen aber neu vermittelt werden, sollen sie als Argumentationshilfen herangezogen werden.

Das Konsortium.Netz.kultur wurde gegründet, um eben diese Aufklärungsarbeit zu leisten. Dass das nicht leicht wird, ist klar. Fast zwei Jahre nach der Gründung durch eine breite Absichtserklärung bleibt festzuhalten, dass funktioniernde Aufklärungsarbeit nur auf Basis einer funktionierenden Infrastruktur zu bewerkstelligen ist, die wiederum eine solide Finanzierung erfordert. Solange diese Struktur von einigen Vereinen im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten mitgetragen werden muss, ist die Umsetzung schlagkräftiger Strategien schwierig und hinkt der Formulierung von Positionen hinterher. Trotzdem ist es möglich, Akzente zu setzen und Stellung zu beziehen. Durch das Konsortium.Netz.kultur war es möglich, dass eine übergeordnete Organisation gegen die Streichung von Bundessubventionen an Public Netbase t0 im Jahr 2000 auftritt.

Die Aufgabe des Konsortium ist es nicht, als Lobbying-Stelle für mehr oder minder etablierte Netzkulturorganisationen aufzutreten, sondern die Interessen und Positionen der Community nach aussen hin zu vertreten. In vielen Fällen wird das nicht möglich sein, weil Zugänge und Ansichten zu verschieden sind. Trotzdem kann und muss in den meisten Fällen ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, der es ermöglicht, abseits von Partikularinteressen zu agieren. Sowohl bei der Findung, als auch bei der Vertretung solcher Standpunkte soll das Konsortium.Netz.kultur eine tragende Rolle einnehmen.

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