konsortium.Netz.kultur
konsortium.Netz.kultur ist der Zusammenschluss der österreichischen Initiativen an der Schnittstelle von Kunst, Kultur und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.
Na dann, "Grüß Gott in Österreich"
"Wer glaubt, auf die Entwicklung des kommerziellen Marktes setzen zu können und damit spekuliert, dass sich daraus die Bedingungen für die Beteiligung der Kunst und Kultur im Cyberspace und den neuen Medien verbessern würden, begeht einen folgenschweren Irrtum." (Thomas Lehner)
Das Projekt "servus.at - OÖ Kunst und Kultur im Netz" ist trotz der rasanten allgemeinen Entwicklung und der Dynamik, die sich aus der Materie der "Telekommunikations- und Informationsgesellschaft" heraus ergeben, ein nicht mehr wegzudenkender Knoten und eine leistungsfähige Operationsbasis für das zeitgenössische Kunst- und Kulturschaffen in Oberösterreich geworden. Ein lebendiges Beispiel für eine selbstverwaltete Internet-Infrastruktur, ein gemeinnützig organisierter und dem Public Access gewidmeter "Internetknoten" für Kunst- und Kulturschaffende, welcher Access, ausreichend Bandbreiten und in einem Clubraum die notwendige Produktionsinfrastruktur für seine Mitglieder zur Verfügung stellt. Mit den Tendenzen der neuen Regierung, die Verantwortung für die Rahmenbedingung von Kunst und Kultur der Wirtschaft zu übertragen, sind Unternehmungen wie servus.at gefährdet.
"WB: Glauben Sie nicht, dass das Internet, wenn man die Entwicklung sich selbst überlässt, noch länger ein Medium für Besserverdiener oder technisch Versierte bleibt?
Michael Schmid: Der freie Zugang zu ein und derselben Möglichkeit funktioniert nicht. Dieser permanente Versuch der ehemaligen Regierung, alles zu nivellieren und mit Quersubventionen auszugleichen, hat ja dazu geführt, dass unser Budget jetzt so dasteht. Der Staat muss endlich aufhören, sich überall einzumischen. Man muss die Spielregeln vielmehr so aufstellen, dass jeder die Möglichkeit hat, besser zu verdienen."
(aus einem Interview mit Infrastruktur-Minister Schmidt [Wirtschaftblatt, 10.3.2000])
Na dann, "Grüß Gott in Österreich!"
Ein Beitrag von Thomas Lehner.
"Energie- Informationstransport ist eine öffentliche Aufgabe, die zur allgemeinheitlichen Nutzung zur Verfügung stehen muß, und nicht nur zur Bereicherung und Machtausübung einzelner dienen kann. Das war auch schon die Ausgangsbasis für die Erfindung des Wechselstroms durch Nicola Tesla. Eigentlich." (Zitat Prof. Anthony Baxter)
österreichischer Frühling 2000
Zu den uns umgebenden Bedingungen, die die Materie stark beeinflussen, ist die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der kommerziellen Serviceanbieter zu zählen. Multikonzerne killen nicht nur die "kleineren", sondern versuchen auch den wenigen öffentlichen Bereichen die Grundlage zu entziehen. Die ja eigentlich noch staatliche Telekom nutzt ihre noch bestehende Leitungshoheit und ihr Monopol auf Richtfunk und Wählämter, um sich einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber den privaten Anbietern zu verschaffen. Multinationale Konzerne, z.B. aus der Pharma -Industrie, kaufen auf, was sie kriegen können und besitzen schon heute meist größere Marktanteile als Unternehmen, die aus der IT-Branche selber heraus entstanden sind. Selbst die größten österreichischen Provider müssen sich vereinigen, um nicht in den Wogen eines derart globalen Marktes unterzugehen. America-Online fusioniert mit Time-Warner und vieles mehr.
Diese Dynamik verspricht zwar aufgrund der Prinzipien des Wettbewerbs, daß Preise sinken werden. Das ist allerdings zum einen Spekulation und zum anderen ist beispielsweise die Ware: "internationaler Traffic", als auch Leitungsverbindungen mit höherer Bandbreite, die in vielen Fällen Grundlage für so manche nicht realisierbare Projekte wären, nach wie vor derart kostspielig, dass, selbst wenn sich hier die Kosten um ein Vielfaches reduzieren, noch immer mangelhafte Bedingungen für avanciertere Netz-Kunst-Projekte herrschen.
Die notwendigen Mittel in Bezug zu den Tarifen auf Bandbreite und Traffic, sind aus den bestehenden Budgets nicht wirklich ausreichend finanzierbar. Die Dynamik der internationalen Entwicklungen kann insofern nur beschränkt zur Linderung unserer Sorgen beitragen. Dazu ein Beispiel aus dem Alltag. Wenn jemand einen Server betreibt, ein interessantes Projekt darauf konstruiert, welches sich so erfolgreich entwickelt, daß massive internationale Zugriffe die Folge sind, kann der Betreiber rasch aufgrund des zu bezahlenden international-incoming traffic in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten gelangen und so gezwungen sein, das Projekt abbrechen zu müssen. Die einzige Option, die die Gesetzmässigkeiten eines kommerziell dominierten Informations- und Kommunikationsmarktes in so einem Fall bietet, ist, sich als Werbeträger zu verkaufen, wenn es einem gelingt. Ob bezahlte Links zu pornographischen-IT-services auf der Frontseite eines Kunst oder Kulturwebprojekts, im Sinne einer unabhängigen und freien Kunstproduktion, Sinn machen, ist fragwürdig.
Wer glaubt, auf die Entwicklung des kommerziellen Marktes setzen zu können und damit spekuliert, dass sich daraus die Bedingungen für die Beteiligung der Kunst und Kultur im Cyberspace und den neuen Medien verbessern würden, begeht einen folgenschweren Irrtum. So zum Beispiel sind die viel gepriesenen, von Einkaufsketten und ähnlichen Firmen angebotenen Billig- und Gratisaccounts meist bei näherer Betrachtung oft nur Lockangebote und Kundenfallen und können nur selten das halten, was ihre Promotion verspricht. Vor allem bieten derartige Produkte in keiner Weise die Voraussetzungen für eine zu entwickelnde Umgebung, die es erlaubt, künstlerisch im und mit dem Netz zu agieren. Für einen produktiven Umgang mit dem Medium ist es notwendig, auch Zugriff auf die Instrumente, die es ausmachen, zu haben um auch aktiv damit arbeiten zu können. Es ist eine Voraussetzung, daß die Werkzeuge wie Serverfunktionen durch die Anforderungen aus der künstlerisch motivierten Arbeit heraus bestimmt werden, damit Künstler und Kulturschaffende nicht darauf reduziert (eingeschränkt?) sind, nur im vorgegebenen Raster eines Weltbildes von Microsoft und ähnlichen ihre Farbelemente auf dem Tapet einfügen zu dürfen. Wenn es um Software geht, muß es möglich sein, auch im Sourcecode Anpassungen an Programmen durchführen zu können. Wenn es um Server geht, muß auch der Zugriff auf die Funktionen des Servers gewährleistet sein und vieles mehr.
An dieser Stelle ist es auch notwendig darauf hinzuweisen, daß derartige konsumorientierte "Billig"-Zugangsmöglichkeiten zum Internetz in den meisten Fällen nur deshalb so günstig angeboten werden, weil sie den Betreibern zum Konsumentendatensammeln dienen. Userdaten werden gespeichert, Scripts, die es erlauben, die Festplatte des Anwenders (ohne sein Wissen!) auf für den kommerziellen Markt und E-commerce wichtige Userdaten und Lizenzeinträge installierter Software zu scannen, sind im Spiel. Userverhalten werden gelogt. Wer wann wieviel auf was zugreift, wird mitprotokolliert und oder auch bezahlt der User indirekt, indem er sich den Massenwerbesendungen, die meist daraus resultieren, aussetzt. Hier wird der User nur als passiver Konsument betrachtet und so seiner Mündigkeit beraubt. Der Gedanke, dass sich derartige Anbindungskonzepte für die sogenannte notwendige "community-bildung" eignen würden, wäre eine grobe Fehleinschätzung. Hierzu ist schon einiges mehr nötig, als services wie Unterhaltungs-chats auf Jugendseiten bieten zu können. Eine verantwortungsvolle Anbindungspolitik für Netz.Kunst- und Kulturprojekte erfordert leistbare Breitbandverbindungen unter den Beteiligten Knoten und Zentren, die es zulassen, auch Bild- und Tonübertragungen z.b. bei sogenannten webcasts, durchzuführen, ohne daß man alle 5 Minuten mit Bauchweh auf die Stoppuhr blicken muß.
Während die kommerziellen Entwicklungen eher den Zugriff der Konzerne auf den User als Konsumenten, über private Daten bis in die Geldbörse hinein, forcieren, ist es im Gegensatz dazu aus Sicht einer möglichen Kunstentwicklung in diesem Sektor entscheidend notwendig, als Produzierender selbst den Zugriff auf Funktionen und Werkzeuge der Netzwerke zu haben. Die meisten kommerziellen Großprovider lassen derartige Zugriffe kaum zu, die Angebote ihrer Dienste orientieren sich an der breiten Masse und sind so kaum für die oft individuellen Anforderungen, die sich aus einer kreativen Arbeit mit dem Medium heraus ergeben, geeignet. Das produktive Potential des Users wird hier oft nur in dessen Aktivität als reiner Konsument gesehen. Um zu verdeutlichen, was das in der Praxis für die Kunstproduktion bedeuten kann, kurz ein Vergleich: Wenn man diese Materie auf die Produktion im klassischen Sinn der bildenden Kunst überträgt, wäre das dann so, als dürfte der Kunstmaler nur über eine Telefon-hotline vom Faber-konzern bitten, daß die gewünschte Farbe auch auf dem gewünschten Fleck auf dem gewünschten Untergrund aufgetragen wird. Nur was, wenn der Inhalt aus Sicht der Telefonistin bei der Hotline sexistisch erscheint .....
Die Industrie versorgt uns nicht mit für unsere Arbeit notwendigen Services und Instrumenten. Sie hat sich einer anderen Aufgabe unterworfen. Nicht die Entwicklung von tauglicher und funktionsfähiger Software und Betriebssystemen steht im Vordergrund ihrer Interessen, sondern das Erobern möglichst großer Territorien auf dem Schlachtfeld eines globalen kommerziellen Marktes.
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